St. Kiyak [Gastbeitrag von Maricon]

„Gabriel, Kretschmann, von der Leyen: Hochrangige Politiker fordern ein Ende der Political Correctness. Sie handeln damit unverschämt, undemokratisch und asozial.“

Manchmal gibt es wirklich Dinge die einen sehr, sehr ungehalten machen und ich muss sagen, dieser Artikel ist einer davon. So ungehalten, dass man einen Freund darum bittet mich auf seinem Blog schreiben zu lassen. Dieser Absatz da oben ist ein Abschnitt aus eben besagtem Artikel und ich will ihn Stück für Stück auseinandernehmen. Denn ich glaube es wird mal Zeit. Dies wird definitiv eine Weile dauern, denn mit diesem Artikel stimmen so, so viele Sachen nicht. Also, wenn man noch etwas zu tun hat, sollte man es vor dem Lesen tun. Wer die Zeit nicht hat kann auch zum Fazit am Ende springen. Mein Name ist zweckmäßig Maricon und ich werde heute ihr sarkastischer Gastgeber sein.

„Man hört das neuerdings wieder öfter: Die Political Correctness gehöre abgeschafft. Weniger Political Correctness würde weniger Rechtsextremismus erzeugen oder wenigstens dafür sorgen, dass Wähler sich nicht von Rechtspopulisten verführen ließen. Denn das Abdriften in die Radikalität sei eine Reaktion auf Sprechtabus.“

Hier haben wir bereits den ersten erkennbaren Mangel an Verständnis der Reaktion. Es ist nicht nur eine Reaktion auf die „Sprachtabus“, sondern geht bei weitem darüber hinaus. Es geht unter anderem auch darum, was für einen Einfluss die Political Correctness auf Dinge wie zum Beispiel die Gesetzgebung und die Ausgabe von öffentlichen Geldern ausübt. Oder, wie man später in diesem Artikel noch sehen wird, was für einen Einfluss auf den Realitätssinn im öffentlichen Diskurs. Diskussionen wurden beispielsweise bereits in den ersten Tagen der Flüchtlingskrise zugunsten von Political Correctness beeinträchtigt, indem man meinte man sollte „Rechts keinen Raum einräumen“.

„Ist das so? Ist Political Correctness eine Art Gesetz, dessen Abschaffung oder Änderung man fordern kann, wie es Ministerpräsident Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg auf dem Grünen-Parteitag ausrief:

„Wir dürfen es mit der Political Correctness nicht übertreiben!“”

Ich weiß nicht wie man darauf käme aus dem dort zitierten Satz abzuleiten, dass es sich um eine Art geltendes Gesetz handeln würde, welches man damit kritisiert. Es scheint mir aber relativ offensichtlich, dass es sich um eine Kritik des Verhaltens der Gesprächsteilnehmer, nicht um eine durchgesetzte allgemeine Gesetzgebung handelt. Natürlich kann ich mich auch irren, denn dieser Artikel gibt leider viel zu wenig Informationen mit einem derartig kurzen Satz.

Auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) attestiert den Politikern:

„Ja, die Political Correctness ist überzogen worden.“

Und Sigmar Gabriel, der gern der nächste Kanzlerkandidat der SPD werden möchte, klagte in einer Bundestagsfraktionssitzung angeblich über „zu viel Political Correctness“ im Dialog mit den Bürgern.

Gabriel hat es anscheinend auch nicht ganz verstanden, denn der Punkt ist ja gerade, dass kein richtiger Dialog stattfindet.

„Zunächst einmal ist Political Correctness eine Chiffre für eine über Jahrzehnte dauernde Anstrengung, die Zivilisation und ihre Werte als Errungenschaft zu betrachten, an der nichtweiße Menschen genauso einen Anteil tragen wie weiße.“

  1. Nach wessen Interpretation?
  2. Welche Zivilisation ist hier gemeint?
  3. Welche Werte?
  4. Was für einen Anteil?

„Amerikanische Studenten gruben diesen vergessenen Begriff der politischen Korrektheit aus und benutzten ihn in ironischer Weise. Sie wollten darauf aufmerksam machen, dass es doch nicht sein kann, dass auf amerikanischen Universitäten immer nur Bezug auf weiße Männer genommen wurde, aber nie auf Frauen, Schwarze und andere Minderheiten. Und tatsächlich stellte man sofort fest, dass durch das Ignorieren von bedeutenden Schriften und Denkern aus anderen Teilen der Welt eine Gewichtung und Benachteiligung stattgefunden hatte.“

Dies hat wenig Relevanz für die moderne Konzeption des Begriffes, da er in dieser Form nicht mehr wirklich benutzt wird. Außer von den Leuten die speziell diese Interpretation popularisieren wollen, aber das wäre nochmal etwas komplett anderes.

„Political Correctness wollte anfangs vor allem die Reflexion über eine unverhältnismäßige Hierarchisierung von Minderheiten, „fremden“ Völkern und ihren Kulturleistungen erreichen. Wessen Schriften werden verlegt, gelesen, gelehrt? Inwieweit zeugen Sprache und Gesetze von Benachteiligung einzelner Gruppen?“

Der Witz an dieser Aussage ist ja, dass “Political Correctness” in der modernen Konzeption gerade eine Hierarchisierung vornimmt. Die „Oppression Olympics“. Statt des hier genannten „Wessen Schriften werden gelesen“, was eine recht nutzlose Fragestellung ist, ist die eigentliche Frage allerdings „Welche Schriften, für was und wofür?“ Was bedeutet Benachteiligung in diesem Kontext? Benachteiligung ist vollkommen irrelevant, solange es nicht gerade eine illegitime Benachteiligung ist und die sollte erst einmal nachgewiesen werden.

Anständig bleiben, nachdenken, klug reden

Von hier an wird es dann wirklich witzig.

„Halten Grundsätze der Demokratie wie das Wahlrecht und die Rechtssicherheit für Homosexuelle, Schwarze, Unverheiratete, Alleinerziehende, Arme und Mitglieder von Religionsgemeinschaften nicht nur auf dem Papier, sondern auch dem realen Leben stand? Menschenrechte speisen sich auch aus dem Reden über Benachteiligte. Die Sprache ist ein Indikator für den Wert, den Minderheiten im öffentlichen Diskurs haben. Man kann sie mit Sprache bloßstellen und diffamieren, man kann sie auch schützen und integrieren.“

Worauf bitte will man hier hinaus? Es scheint mir relativ eindeutig, dass die Autorin meint die Gleichberechtigung würde nicht durchgesetzt, aber die tatsächliche Argumentation scheint sie außen vorlassen zu wollen. Die Links geben Beispiele, aber auch die muss man sehr hinterfragen. Dafür müsste ich allerdings die Artikel, gerade den zweiten, nochmal separat durchgehen aber selbst dann ist es nicht komplett klar ersichtlich, was eigentlich gemeint ist. Ich werde daher weitere Kommentare des Abschnitts vermeiden.

„Meistens sind es die Benachteiligten selbst, die auf ihre Gleichberechtigung pochen. Political Correctness ist ihr Versuch, sich zu emanzipieren. Die erbitterten Widerstände, mit denen sie zu kämpfen haben, zeigen die Notwendigkeit ihres Kampfes.“

  1. Hier werden mehrere Behauptungen, explizit wie implizit, gestellt die man wirklich mal analysieren muss. Der erste Satz geht davon aus, dass es bei „Political Correctness“ überhaupt um Gleichberechtigung geht, aber da gibt es bereits diverse Probleme. Wenn man sich mal besonders den englischsprachigen Raum ansieht, bemerkt man eine ganze paranoid-neurotische Bandbreite von Auswirkungen, die die Political Correctness hervorruft und nicht alle haben mit Gleichberechtigung auch nur implizit zu tun. Sexistisches Airconditioning, „Donglegate“ oder „Personal Pronouns“, es gibt haufenweise Dinge, die für Personen als Individuen lästig sind, welche dann, oft ohne Begründung außer einem überzogenen Gefühl von Wichtigkeit, zu einer Menschenrechtssache aufgeblasen werden. Unter dem (reinen) Vorwand, dass die Person diskriminiert wird. Der Komfort wird zum Recht erhoben, die Opposition zu diesem Ansatz als Unterdrückung gewertet.
  2. Nun zum zweiten Satz. Emanzipation bedeutet, dass man aus Gefangenschaft bzw. Unterdrückung entlassen wird. Und die Frage ist in diesem Fall gerade was genau diese sein soll. Das Problem am Begriff Political Correctness ist hier, dass die Autorin diesen nicht im Sinne der Leute, die ihn benutzen, definiert. Sie beschreibt ihn nur aber es ist relativ eindeutig, dass sie nicht meint oder weiß was gemeint ist. Die Definition die man bekommt, bzw. erahnen muss, wirkt sehr zu Gunsten einer bestimmten (eigenen) Position ausgerichtet, ohne tatsächlichen Bezug zu der Problematik, die damit häufig beschrieben wird. Aber gut, ich muss einräumen, wenn die einzigen Leute von denen ich den Begriff hören würde die deutsche Rechte wäre, wäre ich auch ziemlich verwirrt.
  3. Und nun zum letzten Teil des Abschnitts. Ich bitte darum ihn genau durchzulesen, denn das da ist wirklich etwas ganz besonderes in Sachen Argumentation. Hier wird nämlich die Idee, dass man mit der eigenen Position falsch liegen könnte, effektiv ausgeblendet. Wir liegen richtig. Die Widerrede beweist umso mehr, dass wir richtig liegen. Mit anderen Worten: Bis wir etwas anderes sagen, liegen wir richtig.

„“PC zu sein“ ist ein sehr technischer Begriff für die Bemühungen, Komplexität von Gesellschaft als gegeben und normal zu betrachten und sie nicht fortwährend für politische Zwecke zu denunzieren und zu instrumentalisieren. Wer das nicht kann oder will, der reagiert aggressiv darauf.“

Gnadenlos solipsistisch. Political Correctness beschreibt diverse puritanische Haltungen auf Basis von Identity Politics. Meistens zutiefst autoritäre.

„Der meint, dass „die“ Political Correctness schuld daran sei, dass er oder sie nicht sagen dürfe, dass Muslime oder Christen oder Juden oder Jesiden oder Aleviten, dass Schwarze aus Afrika oder Braune aus Mexiko, dass Homosexuelle oder Transgender aus Europa, krimineller, schlechter, ekliger, gefährlicher als andere seien.“

Ich weiß offen gesagt nicht, welchem Zweck die Anführungszeichen um das „die“ erfüllen. Aber abgesehen davon, ja. Leute mit bestimmten Weltanschauungen können sehr wohl als objektiv gefährlicher beschrieben werden, wenn diese Weltanschauungen Gewalt in bestimmten Situationen vorschreiben oder explizit erlauben. Da ändert sich nichts dran, nur weil es vielleicht eine Minderheitenanschauung sein könnte. Außerdem, in statistischer Hinsicht kann man sich sicher sein, dass es Unterschiede in den Gruppen gibt. Zum Beispiel wird man nur wenig säkulare Individuen finden, die ihre Kinder misshandeln wenn sie herausfinden, dass sie z.B. homosexuell sind.

„Wer sich auf sein Recht beruft, von „Schlitzaugen“ (Günther Oettinger über Chinesen) oder „wunderbaren Negern“ (Joachim Herrmann über Roberto Blanco) oder „belgischen Ackergäulen“ (Thilo Sarrazin über Muslime) zu sprechen, weil es ihm nicht gelingt, das Handeln eines Menschen vorurteilsfrei zu bewerten, der hat eine Vereinbarung mit sich selbst gebrochen: anständig bleiben, nachdenken, klug reden.”

Witzig finde ich hier dran wie wenig Sinn der Satz macht. „Schlitzauge“ ist eine Beschreibung die keine Bewertung eines Verhaltens darstellt, „wunderbarer Neger“ ist eine Bezeichnung, die keine „vor“-urteilhafte Beurteilung darstellt, da er es ja gerade auf der Basis seiner persönlichen Beobachtung aufstellt. Natürlich ist es beim Kommentator auch fragwürdig ob die Aussagen getroffen wurden/werden „weil es ihm nicht gelingt, das Handeln eines Menschen vorurteilsfrei zu bewerten“, aber irgendwie schiene es mir wie eine ziemlich bizarre, zu spezifische Begründung für diese speziellen Beispiele. Zum letzten Abschnitt sage ich jetzt mal nichts ausführliches, der Abschnitt endet mit einer Pointe.

„Rassistisch und primitiv wird überall gesprochen“

Von hier an wird es statt witzig eher daneben.

„Political Correctness kann man weder überziehen noch übertreiben. Es sei denn, man hat genug vom Denken und von der Lust, Gleichheit unter Menschen zu schaffen.“

Hier ist gleich nochmal ein kleiner Witz eingebaut. Unbewusst wie ich vermute. Die ursprüngliche Phrase der PC wurde benutzt, um Nähe zum Soviet-Kommunismus zu bezeichnen. Die hatten definitiv Lust Gleichheit zu schaffen.

„Genug davon, Vielfalt als Gleichwertigkeit zu betrachten.“

Wer auch immer das tut.

„Wer degradierende Begriffe für Schwarze, Homosexuelle oder Muslime im politischen Diskurs für unverzichtbar hält, muss von vorn beginnen.“

Misrepräsentation der Gegenposition.

„Nicht diejenigen, die diesen Zivilisationssprung schon hinter sich gebracht haben, müssen sich den politisch Unkorrekten anpassen, sondern umgekehrt.“

Ohne jetzt diesen großen Sprung nach vorne zu kritisieren… Ich könnte mich irren, aber haben wir uns hier von „Anti-PC ist eine Abneigung gegen Sprachtabus“ zu „Anti-PC bedeutet, dass die politische Korrekten sich den Unkorrekten angleichen“ bewegt?

„Wer keine Veranlassung darin sieht, in Flüchtlingen Kriminelle zu sehen, in Muslimen eine Staatsgefahr, der muss sich nicht dafür einsetzen, dass das so diskutiert werden darf.“

Davon abgesehen, dass es sich hierbei um die klischeemäßigsten, der Diskussion unwürdigsten Positionen von Migrationsgegnern in der Debatte handelt; zweifellos ein Zufall, dass es gerade diese sind, die benutzt werden um die Gegenseite anzugreifen, ehm… Doch. Man muss sich unbedingt dafür einsetzen, dass man Diskussionen führen darf, auch auf diese Weise. Auch mit lächerlichen Positionen. Gerade die lächerlichen Positionen. Man beachte allerdings das subtile Appellieren an eine bestimmte Meinungsgruppe sich bestimmten Diskussionen zu verschließen.

„Es gibt niemanden Bestimmtes, der für Political Correctness zuständig wäre. Es gibt keine Instanz, die mit Gewalt derlei Regeln durchzusetzen versucht.“

Was nicht heißt, dass nicht eine ganze Menge Leute versuchen eine zu etablieren. In Deutschland außerdem, ist das falsch, da wir Sprachgesetze haben, von denen auch einige eben auch in den entsprechenden Stil fallen.

„Es handelt sich um einen Diskurs.“

Wenn dieser Artikel Teil eines Diskurses ist, ist er der bislang unbeantwortete Anfang.

„Ein öffentliches Gespräch, das gleichzeitig die Ungleichheit illustriert. Die Mehrheit der Sprechenden gehört keiner gesellschaftlichen Minderheit an.“

Wirkt für mich beeindruckend bedeutungslos. Die Mehrheit der Sprecher gehört einer gesellschaftlichen Mehrheit an und diese ist damit eher vertreten als die Minderheit der Sprecher, die die gesellschaftliche Minderheiten vertritt. Man kann zumindest nicht sagen, dass dieser Satz inhaltlich keinen Sinn macht, er wirkt auf mich sehr intuitiv. Was er allerdings insgesamt für einen Sinn macht in dieser Kolumne, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Davon mal abgesehen, steht es der Autorin frei den Wert von Gleichheit zu demonstrieren. Es ist nämlich nicht inhärent wertvoll, obwohl es ein so vielgepriesenes Ideal ist.

„Umso alberner wirkt es natürlich, wenn die Beendigung der politischen Korrektheit von denjenigen gefordert wird, die Teil der privilegierten Klasse sind.“

Nur leider ist das hier nicht der ausschließliche Fall. Es fehlt natürlich immer noch das Erbringen des Beweises, dass es eine Privilegierung gibt, ohne strikten Bezug auf ein komplett von ad-hoc-Hypothesen getragenen ideologischen Systems und eine Definition von Recht, die kein Mensch außerhalb der Sozialwissenschaft anerkennen würde.

„Es steht denjenigen, die niemals die Erfahrung von Diskriminierung oder Rassismus gemacht haben, nicht zu, zu bestimmen, wann es genug ist mit Antirassismus.“

Mit anderen Worten, es ist egal was wir machen oder wie wenig Sinn das macht was wir tun, solange unsere Definition von Rassismus/Diskriminierung Dinge einschließt die ihr nicht erlebt habt, seid ihr nicht qualifiziert darüber zu reden, was für Maßnahmen angebracht sind. Klingt doch eleganter als „Schnauze halten“, oder?

Die Grenzen des Sagbaren sind längst überschritten

Waren sie schon immer. Seit es menschengemachte Grenzen gibt gibt es Überschreiter. Non-statement.

„Wenn Politiker in Zeiten von brennenden Asylheimen und Angriffen auf Minderheiten fordern, es müsse erlaubt sein, offen Probleme der Integration zu benennen, dann wird es düster und unverschämt:“

Weil wir in „hier spezifische Problem enthaltenden Zeitraum einfügen“ leben, darum dürft ihr in diesem Zeitraum nicht über bestimmte Probleme reden. Beeindruckend. Dieser Satz lässt mich an englische Nüsse denken.

„Wir haben in Deutschland viele Probleme, aber sicher keines damit, dass man sich nicht jederzeit rassistisch, widerwärtig und primitiv im öffentlichen Raum äußern dürfe.“

Wie hängt das nochmal mit dem Satz zusammen, der da vor dem Doppelpunkt steht? Ist die Aussage „es müsse erlaubt sein Integrationsprobleme anzusprechen“ eine Bitte um Erlaubnis sich öffentlich „rassistisch, widerwärtig und primitiv“ zu äußern? Ich bin verwirrt. Jemand erkläre mir diese Konstellation.

„Die öffentlichen Talkshows wären ohne die permanente Infragestellung von Minderheiten und ihrer angeblichen Integrationsfähigkeit aufgeschmissen.“

Man fragt sich wie viele Diskussionen bereits über die Integrationsfähigkeit von Homosexuellen oder Menschen mit Halsrippen stattgefunden haben, aber ich persönlich erinnere mich konkret an keine. Aber vielleicht soll dieses Statement auch nicht akkurat sein und stattdessen einfach nur die Empörung hochtreiben, indem es versucht die größere und heterogenere Gruppe „Minderheiten“ anstatt der Gruppe von Personen mit Migrationshintergrund anzuführen und so vortäuscht, dass es eine übermäßige Generalisierung gegeben hat. Oder die Autorin ist grauenhaft darin sich auszudrücken.

„Wenn Politiker hier in Deutschland glauben, dass man den rechtsextremen und autoritätssehnsüchtigen AfD-Wählern und Pegida-Mitmarschierern offiziell erlauben müsse,“

Warum kriegen wir für das „offiziell erlauben“ keine Quelle oder Erklärung? Ich wüsste nämlich wirklich gerne wer das gesagt haben soll.

„auch mal politisch inkorrekt sein zu dürfen – was immer damit gemeint sei – ,“

Es bedeutet, wie ich mit meinen massiven Talenten im Bereich Dechiffrierung entschlüsseln konnte, nicht politisch korrekt zu sein, ohne das man dafür einen Schwarm irrer Harpyien an den Hals bekommt, die versuchen die eigene Position aus Prinzip anstatt aus rationalem Anlass zu untergraben.

„damit die wieder CDU, SPD oder Grüne wählen, dann haben sie nicht verstanden, dass die Grenzen des Sagbaren schon längst, schon ganz längst überschritten sind.“

Non-sequitur. Dass die „Grenzen des Sagbaren“ überschritten sind ändert nichts daran, dass es eine versuchte Methode ist Wähler zurückzubekommen, denn der Zweck ist ja nicht die Leute daran zu hindern obszön zu werden. Da gibt es andere Bemühungen, aber damit haben die Wahlen nichts zu tun. Abgesehen davon wäre ja auch die Option möglich, dass es nicht um die Rückgewinnung sondern um das Wählerleck geht, welches damit gestopft werden soll.

„Mutig wäre es, wenn einer auf den Tisch hauen und sagen würde:“

Wie in diesem Artikel? Seht, ich vertrete die aus meiner Sicht korrekte Haltung von vor meinem Computer, bewundert meinen Heroismus.

„Schluss mit dem ekelhaften, dummen und unaufgeklärten Geschwätz über die Fremden, die Ausländer, Schwulen, Muslime oder Flüchtlinge.“

Hier ein neuer Teil aus unserer beliebten Reihe „Die Deutschen verstehen die Aufklärung nicht“ aus dem Verlagshaus Derp-aton. Mir fällt hier gerade auf; man weiß nicht was „politisch inkorrekt“ bedeutet, aber man kann immer noch sagen es sei ekelhaft, dumm und „unaufgeklärt“.

„Das würde Eindruck machen!“

Es zeichnet die Autorin, dass sie nicht versteht, dass das schlecht wäre.

„Unserem Land fehlt der Mut für Aufklärung, Anstand und Eleganz im Umgang mit Mitmenschen.“

Der nächste Teil ist auch schon raus, Derp-aton liefert frei Haus. Offengestanden weiß ich gar nicht ob Sie vom Zeitalter der Vernunft redet, welches ich meine oder einfach meint es sei etwas gutes jemanden wortwörtlich über etwas aufzuklären, selbst wenn die Klärung möglicherweise Schwachsinn wäre. Zum Anstand komme ich dann noch und was Eleganz angeht, würde ich mit der Sprache anfangen. Mit ihrer Sprache.

„Es ist nämlich eine Ehre,“

Man sollte sich geehrt fühlen unserer Auffassung zu folgen.

„in Sprache und Handeln politisch, ökonomisch, sozial und einfach menschlich korrekt zu sein.“

Menschlich korrekt zu sein bedeutet, wenn wir uns die Geschichte mal anschauen, dass wir uns gegenseitig aufgrund von Meinungsverschiedenheiten umbringen und versklaven sollten. Historisch gesehen ist Nordkorea menschlicher als was auch immer dieser Artikel darstellt.

Fazit: Dieser Artikel war eine lange Aneinanderreihung von schlecht gemachten Zitaten, ideologischem Narzissmus und endlosem Moralismus. Es ist eine implizite, aber darum nicht weniger gnadenlose Selbstbeweihräucherung. Anstand war einer der Begriffe, die mehrmals fielen und ich würde gerne mal nochmal darauf speziell eingehen. Anstand bedeutet eigentlich nichts anderes, als dass man sich einem bestimmten moralischen/ethischen, vielleicht noch eher sittlichen Standard nach orientiere. In anderen Worten, wenn die Autorin sagen würde, denn sie sagt es nicht geradeheraus, sie ist anständig, weil sie diese Standards vertritt, bedeutet das nichts anderes als „Ich handle moralisch weil ich der von mir proklamierten Moral folge“. Und sie kritisiert mit schön viel Überheblichkeit diejenigen, die das Reinheitsgebot nicht einhalten. Da ist der Puritanismus. Auch wenn die Definition von Political Correctness, die ich benutze anders ist, als die, welche die Autorin nutzt, kann ich immer noch sagen, dass es nur „meine“ Definition zu sein scheint, die auf sie zutrifft. Gewürzt ist der Artikel mit einem gehörigen Mangel an Grundverständnis der Probleme der Gegenseite, was nochmal zurückgeht auf den ideologischen und vielleicht einen tatsächlichen Narzissmus und den Mangel an kritischer Selbstreflektion. Viel zu viel (schlechte) Rhetorik, keine brauchbaren Argumente, zu viel Verlass auf die Richtigkeit der eigenen Position, zu viel Verlass auf Identity Politics als Basis des „Antirassismus“, kein Verständnis des Aufklärungsdenkens, fragwürdige und unklare Definitionen, schlecht geschrieben, überheblich…

TL;DR: Dieser Artikel war die Krätze. Cheers.