Es stellt definitiv eine Kunstform dar, aus dem Mangel an verschiedenen Möglichkeiten der männlichen Verhütungsmethoden eine Benachteiligung von Frauen zu konstruieren. Allerdings ist das bei der im Titel genannten Person auch kein Wunder, da Frau Green ja bereits seit vielen Jahren ein Profi im Jonglieren von Fakten ist.
Grundsätzlich muss man es ihr ja erst einmal zugute halten, dass sie sich überhaupt aus diesem Winkel dem Thema Verhütungsmethoden und Reproduktionsrechte annähert. Und wie sie auch direkt in Minute 0:15 des Videos sagt, gibt es 11 verschiedene Optionen für Frauen um eine Schwangerschaft zu verhindern. Im Gegensatz dazu gibt es für Männer nur zwei: Kondome oder eine Vasektomie. Gerade letzteres dürfte für viele Männer keine ernsthafte Option sein, da sie (in vielen Fällen) nicht reversibel ist.
Wenn Frau Green im Video dann allerdings zu den Gründen kommt, warum dieses Ungleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Verhütungsmethoden besteht, dann kommt die internalisierte Narration wieder zum Vorschein: Fortpflanzung ist Frauensache! Und nur deshalb wird so viel Geld in die Erforschung von weiblichen Verhütungsmitteln investiert! Sexismus!
Dabei spricht sie kurz vorher schon das eigentliche Problem an: Die Reproduktionsmechanismen von Frauen und Männern sind unterschiedlich und stellen damit Entwicklung und Forschung auch vor unterschiedlich schwere Hürden. Selbst wenn die Reproduktionsmechanismen von Frauen insgesamt deutlich komplexer sind als die von Männern, so finden wir bei Frauen jedoch einen großen, vorteilhaften Unterschied: Frauen besitzen bereits einen eingebauten Mechanismus, der sie für einen definierten Zeitraum nicht-empfänglich macht. Diesen Vorgang mit einer täglichen Gabe bestimmter Hormone (Östrogene und Gestagene) dauerhaft zu aktivieren, ist deutlich einfacher, als einen vergleichbaren Mechanismus im Mann künstlich zu erschaffen. Dies dürfte einen entscheidenden Einfluss darauf gehabt haben, dass sich Forschungsvorhaben auf weibliche Verhütungsmethoden fokussiert haben.
Und es ist auch nicht so, als ob männliche Verhütungsmethoden nicht entwickelt wurden und immer noch werden. Allerdings stand man bisher vor dem Problem, dass eine rein hormonelle Methode im Mann eben keinen Mechanismus vorfindet, den sie „zweckentfremden“ könnte. Zumindest nicht ohne sehr starke Nebenwirkungen. Hinzu kommt, dass die notwendige Gabe von Testosteron nicht einfach über eine Pille erfolgen kann, da es sonst durch die Leber in Östrogen umgewandelt wird, bevor es den Wirkort erreichen kann. Deutlich invasivere Eingriffe sind also von Nöten.