„Die Zweigeschlechtlichkeit ist biologisch nur noch schwer zu beweisen“

Christian von Alles Evolution hatte in einem Tweet auf diesen Artikel des Tagesspiegel hingewiesen, in welchem der verzweifelte Versuch diverser VertreterInnen der Gender Studies besprochen wird, ihre Forschung gegen Kritik zu „verteidigen“. Man kann aber nicht von einer redlichen Verteidigung sprechen, da dieses Zusammentreffen von Politik und Forschung unter dem Motto „Dialog statt Hass“ gelaufen ist. Damit wird bereits klar, dass die überwältigende Kritik an den Gender Studies nicht als konstruktiv gesehen, sondern direkt als Hassrede deklariert wird. Vermutlich in der Hoffnung, den Kritikern damit den Wind aus den Segeln nehmen zu können. Dass man mit so einer Wortwahl aber bereits die Schwäche der eigenen Position demonstriert bevor die Gegenseite auch nur den Mund aufgemacht hat, lasse ich jetzt einfach einmal so im Raum stehen.

Es wird viel relativiert („Nur 0,4 Prozent der Professuren sind der Genderforschung gewidmet, das ist doch alles nicht so wild!“) und man stilisiert sich selbst als Opfer („Gender-Bashing“). Also so weit, so erwartbar. Interessanter ist jedoch der letzte Abschnitt des Artikels, über den ich hier kurz ein paar Worte verlieren möchte:

„Die Biologie findet so viele Geschlechter, wie sie sucht“

[…]

„Wenn Biologen zwei Geschlechter finden wollen, finden sie auch zwei“, war am Biologie-Tisch zu erfahren. „Suchen sie fünf, finden sie fünf.“ Die Vorstellung, es gebe nur zwei Geschlechter, sei jedenfalls längst in Auflösung, weil die Zweigeschlechtlichkeit biologisch nur noch schwer zu beweisen sei. Allerdings leide das Fach Biologie an einem Mangel an Genderreflexion. Ein Kongress, auf dem sich Biologinnen mit Kulturwissenschaftlerinnen über Gender austauschen, könne Abhilfe schaffen, schlug eine Forscherin vor. Vielleicht verläuft die Debatte dann auch kontroverser als im Abgeordnetenhaus.

Vielleicht habe ich in meinem Biologiestudium zu viele Vorlesungen oder Seminare verpasst, aber mir war bis heute nicht bewusst, dass „Zweigeschlechtlichkeit nur schwer zu beweisen sei“. Es gibt Myriaden an empirischen Studien, durchgeführt über den Zeitraum vieler vergangener Dekaden bis hin zur heutigen Zeit, in denen die „Zweigeschlechtlichkeit“, also die Einteilung in einen männlichen und weiblichen Phänotyp und Genotyp, von Organismen verschiedener Spezies nachgewiesen wurde. Es gibt sogar ein Gen, welches bei Säugetieren (zu denen auch der Mensch zählt) klar definiert, ab wann ein Organismus als männlich oder weiblich angesehen werden muss: Das SRY-Gen, welches sich normalerweise auf dem Y-Chromosom befindet. Ist es vorhanden, kommt es während der Embryogenese zur Ausbildung von Hoden und damit zu einer Geschlechtsdifferenzierung hin zum männlichen Geschlecht. Ist es nicht vorhanden bzw. funktionslos, bilden sich Eileiter und Gebärmutter, und dieser Kaskade folgend kommt es zur Geschlechtsdifferenzierung hin zum weiblichen Geschlecht.

Durch Mutationen oder andere Fehlentwicklungen bei z.B. der Reifeteilung kann es zu verschiedenen Symptomen/Syndromen, wie z.B. dem XX-Mann, kommen. Hier hat ein Individuum kein Y-Chromosom, aber dennoch einen männlichen Phänotyp. Durch eine Translokation des SRY-Gen auf eines der X-Chromosome kommt es bei diesen Individuen zur Einleitung der männlichen Geschlechtsdifferenzierung. Auch in diesen Sonderfällen findet sich eine klare Einteilung in männlich und weiblich auf phänotypischer und genoytpischer Ebene: Ein XX-Mann hat einen weiblichen Genotyp (oder auch Karyotyp) und einen männlichen Phänotyp. Jegliche Abweichung von der Dichotomie, jede „Zwischenform“, ist eben genau das: Eine Mischung aus weiblichen und männlichen (Geschlechts)Merkmalen. Daraus folgt aber kein drittes, viertes oder fünftes Geschlecht.

Die Behauptung, die Biologie würde so viele Geschlechter finden, wie sie sucht, ist also kompletter Bullshit.

Aber jetzt kommt natürlich die Trumpfkarte der Anhänger diverser konstruktivistischer Theorien: Das soziale Geschlecht und biologische Geschlecht muss man voneinander trennen! Nein, muss man nicht. Zuerst einmal ist die willkürliche Trennung in ein soziales und biologisches Geschlecht eine unnötige Erhöhung der notwendigen Annahmen für eine Theorie. Zweitens zeigen Untersuchungen an transsexuellen Personen, dass geschlechtertypische Verhaltensweisen durch die Gabe von entsprechenden Hormonkonzentrationen beeinflusst werden können. Drittens zeigen unsere nächsten Verwandten eine vergleichbare „Zweigeschlechtlichkeit“ und bei diesen Spezies sind Einflüsse einer Sozialisierung, wie man sie beim Menschen findet, auszuschließen. Theorien, welche eine Einheit aus Nature versus Nurture annehmen, sind daher auf Basis der empirischen Forschung und unter der Beachtung von Ockhams Rasiermesser zu bevorzugen.

Im Artikel des Tagesspiegel finden sich noch Verweise auf zwei weitere Artikel zum Thema, in denen ähnliche Fehltritte zu finden sind. Um aber emotional nicht vollkommen aus der Balance zu fallen, verschiebe ich eine detaillierte Betrachtung und Besprechung dieser Artikel auf einen späteren Zeitpunkt.

21 Gedanken zu “„Die Zweigeschlechtlichkeit ist biologisch nur noch schwer zu beweisen“

  1. Dipl.-Psych. Ingeborg Prändl:
    „Die soziale Rolle
    Definition
    Eine (soziale) Rolle ist die Summe der von einer Person erwarteten Verhaltensweisen, die auf das Verhalten anderer Personen abgestimmt ist.“ (… etc. …)
    Quelle:
    http://gesellschaft.psycho-wissen.net/rollen/index.html

    Dass es soziale Rollen gibt, das ist ein alter Hut, und dass es eine soziologische Theorie der sozialen Rollen gibt, ebenfalls. Weiter ist altbekannt, dass jede soziale Rolle einerseits von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflußt wird, dass sie aber ebenso individuell unterschiedlich ausgestaltet werden kann, z. B. die Rolle als Vater, oder die Rolle als Mutter.

    Desbalb ist unverständlich, weshalb von einem „sozialen Geschlecht“, das als gestaltbar gedacht wird, so viel Aufhebens gemacht wird. Daß das Mann-Sein wie das Frau-Sein rollenpraktisch gesehen unterschiedlich in Erscheinung treten kann, das ist banal. Also, was soll das?

    Der Gender- Begriff wird hierfür doch gar nicht benötigt, es sei denn es steckt noch etwas anderes dahinter. Hierzu:
    http://www.gender-diskurs.de/2016/01/warum-der-gender-begriff-ueberfluessig-und-irrefuehrend-ist/

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    • nee, eben, es macht keinen sinn, „sex“ und „gender“ zu trennen – beides geht hand in hand.. und eben das geschlecht im allgemeinen ist konstruiert. es geht nicht um eine infragestellung des vorhandenseins von unterschiedlichen organischen und phänotypischen objekten (bspw. gebärmutter) – es geht vielmehr um die die dichotome kategorisierung in „mann“ und „frau“ und welche gesellschaftlichen implikationen und konsequenzen dies hat, welche einfach nicht zu rechtfertigen sind. liegt es an „männlichen“ genen, dass männer seit jahrtausenden in machtvolleren positionen stehen? wer das behauptet, kann sich doch wohl selbst nicht ernst nehmen..
      ich finde die trennung in sex und gender auch verkehrt, wie gesagt. es geht vielmehr um eine auflösung der kategorie geschlecht ohne dabei körperliche unterschiede von menschen zu negieren.. und diese sind auf verschiedensten ebenen, nicht nur eben genannte „geschlechtliche“…

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      • liegt es an „männlichen“ genen, dass männer seit jahrtausenden in machtvolleren positionen stehen? wer das behauptet, kann sich doch wohl selbst nicht ernst nehmen..

        Man kann eine Position einfach auch so versimpelt darstellen, dass sie unsinnig *klingt*. Niemand behauptet, dass es spezielle Gene gibt, die „Männer in machtvollere Positionen bringen“.

        Geschlechtsdimorphismen sind ein Nachweis für eine unterschiedliche Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern in vorgesellschaftlichen Menschengruppen, frühen Gesellschaften und auch in Gruppen die unsere Vorfahren gebildet haben. Zu diesen Geschlechtsdimorphismen gehören nicht nur morphologische, sondern auch physiologische Unterschiede. So zeigen großangelegte Studien, dass Männer *im statistischen Durchschnitt* stärkeres Konkurrenzverhalten an den Tag legen, mehr Wert auf eine erfolgreiche Karriere legen und sich mehr für bestimmte naturwissenschaftliche und technische Fachgebiete interessieren als Frauen (im statistischen Durchschnitt). Alles das führt unter anderem dazu, dass Männer *im statistischen Durchschnitt* in höher bezahlten und „machtvolleren“ Positionen sind, weil alle diese Eigenschaften einen Vorteil bringen, wenn man so einen Lebensweg einschlagen möchte.

        Es gibt also keine Gene, die Männer in höhere Positionen befördern. Stattdessen existiert eine Gen-Umwelt-Interaktion, die über eine jahrtausende lange, evolutive Entwicklung „männliches“ Verhalten in eine bestimmte Richtung stärker ausgeformt hat, als „weibliches“ Verhalten. Und dieses „männliche“ Verhalten führt zu einem Vorteil, wenn man viel Geld und Macht haben möchte, weil Konkurrenzdenken und geförderte Motivation die eigenen Chancen auf Erfolg erhöhen. Zusätzlich lässt sich in naturwissenschaftlichen und technischen Berufen sehr viel Geld verdienen, da die Technologien und Waren, die in diesen Feldern erdacht und gebaut werden, einen großen Mehrwert haben, für den andere Menschen viel Geld zahlen wollen. Aus diesem Grund finden wir die gleichen „männlichen“ Eigenschaften auch in Frauen, die solche Karrierewege einschlagen. *Weil es funktioniert und einen Vorteil bringt*, nicht weil irgendwo ein Schiedsrichter steht und alle Menschen ohne diese Eigenschaften bewusst disqualifiziert.

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      • Wie erklären sich denn Sozialkonstruktivisten die Existenz von Gesellschaften? Die könne ja wohl ihrerseits nicht soizial konstruiert sein, oder? Gesellschaften sind das Produkt menschlichen Handelns, und menschliches Handeln ergibt sich aus der evolutionär entstandenen menschlichen Natur. Keinerlei gesellschaftliche Verhältnisse können dazu führen, dass man keinen Schmerz empfindet, wenn man sich verbrennt oder gebissen wird, das man essen muss, um zu leben, dass man einen Geschlechtstrieb hat usw.

        Karl Marx hat das übrigens sehr klar gesehen.

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      • Nach der primitiven Binär-„Logik“ von S. Horig zu urteilen, vermute ich, daß die Erklärungen von Doktorant und El Mocho viel zu kompliziert sind, um von ihr verstanden zu werden.
        Sie belegt das ja auch mit dem schlagenden Universalargument:
        „wer das behauptet, kann sich doch wohl selbst nicht ernst nehmen..“

        Kurz gesagt: Wer sowas wie „Realität“ konstruiert, ist nicht ganz dicht, gell?

        Und nur um zu beweisen, daß ich auch so ein pöser Patriarch bin, schiebe ich gemeinerweise noch ein simples Beispiel nach und behaupte, selbstverständlich nur um meine Frauenfeindlichkeit zu beweisen:
        Die binäre Unterscheidung in „soziale Konstrukte“ vs. „biologisch-genetische Vorgaben“ ist per se Unfug. Feministischer Unfug, um genau zu sein.

        Beispiel eins:
        Der Rothirsch!
        Die männlichen Exemplare tragen ein Geweih. Die weiblichen nicht. Da dasselbe keinen unmittelbaren Vorteil zur Nahrungsbeschaffung bringt, sondern insofern „reines Imponiergehabe“ darstellt, ist es ganz klar ein ( patriarchales ) soziales Konstrukt.
        Hat sich aber über ziemlich lange Zeiträume dermaßen knallhart durchgesetzt ( sicherlich aus patriarchaler Unterdrückungspraxis ggü. den Hir_sc*h.I.nnen [ auweia, ein phallisches B.I.nnen.I.! ]), daß es mittlerweile schon durch die hundsgemeinen Gene vorbestimmt wird. Was i.Ü. beweist, daß das Patriarchat schon vor sehr, sehr, sehr langer Zeit von den Maskus gegründet wurde. Und, daß Gene, so sie männlich dominiert sind, auch nix gutes im Schilde führen.

        Allerdings kümmt jetzt auch noch
        Beipiel zwei
        Entfremdungstraumata!
        Da zeigt sich, wie schnell sowas geht.
        Die schlagen nämlich – da gibt es ziemlich nagelneue Forschungen zu – schon immerhalb einer einzigen Generation signifikant auf die Genetik durch.
        Auch hier liegen Vor- u. Nachteile ausschließlich im Bereich „sozialer Konstrukte“ ( relative Beziehungsdefizite ).
        Stark verkürzt gesagt: Eine erfolgreich den Vater ihres Kindes ausgrenzende Feministin, sorgt dafür, daß ihre Tochter mit erhöhter Wahrscheinlichkeit ebenfalls ihr Kind dem Vater entfremdet.

        So fix geht das!

        Aaaaber:
        Über Jahrhunderttausende stabil aktivierte ( weil eben doch vorteilhafte ) genetische Funktionen funktionieren auch stabiler und somit sicherer. W.h.:
        Der Rothirsch wird sich sein Geweih nicht mal eben vom Bundesgleichstellungsgesetz verbieten lassen.
        Die Entfremdungsdisfunktion kann aber durch ein paar Generationen intakter Familien bis zur Bedeutungslosigkeit zurückgebildet werden.

        Tja, und damit kommen wir zurück zum Feminismus, als ebenfalls soziales Konstrukt mit disfunktionalen Folgen ( von den Gleicherstellungbeauftragten bis hin zum solanasschen Männerhass ):
        Da die Nachteile für nahezu Jedermann u. -frau deutlich erkennbar überwiegen, wird dieser Wimpernschlag der Geschichte in wenigen Jahrzehnten nur noch als kleine Anekdote über die Flexibilität sozialer Unvernunft in ein paar Geschichtsdateien abgehandelt werden. So als mahnendes Beispiel nach der Bleiloformel: Bleibt logisch!
        Da nützt es auch gar nichts, daß man heute noch krampfhaft versucht, irre Terroristinnen wie z.B. E. Pankhurst o. V. Solanas zu „genialen Satirikerinnen (lacht)“ o. gar „Gleichberechtigungsrebellinnen“ umzustilisieren. Oder mit Muschimützen herumzurennen.

        M.a.W.:
        Kultur – als interaktive soziale Funktion – schlägt mittel- u. langfristig schwarz-weiß-femifetischistischen Feindbildblödsinn!

        ( Kann Spuren von Humor enthalten. Bei Risiken u./o. Nebenwirkungen fressen Sie eine Packungsbeilage und schlagen Sie einen Arzt o. Apotheker )

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  2. Es ist schon sinnvoll, soziales und biologisches Geschlecht zu trennen. Mit sozialem Geschlecht sind die geschlechtsspezifischen Verhaltenserwartungen gemeint, die je nach Zeit und Kultur unterschiedlich sein können (z. B. das Tragen von Röcken). In manchen Gesellschaften findet sich auch die Vorstellung eines dritten Geschlechts; die biologische Zweigeschlechtlichkeit bleibt davon selbstverständlich unberührt.

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    • Was ist daran sinnvoll? Das solltest du genauer ausführen! Und welche empirischen Nachweise gibt es, dass das soziale Geschlecht isoliert vom biologischen Geschlecht betrachtet werden kann? Ohne diese Grundlage, ist eine Annahme der Existenz eines „sozialen Geschlechts“ nicht haltbar und alle Ideen, die darauf aufbauen, sind fehlerhaft.

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      • Es ist sinnvoll, das biologische Geschlecht auf der einen und die Erwartungen an Personen eines bestimmten Geschlechts (Geschlechterrolle, „soziales Geschlecht“) voneinander zu trennen, weil es sich dabei nun mal um unterschiedliche Phänomene handelt. Das Beispiel mit den Röcken sollte eigentlich klar machen, was damit gemeint ist: Das Tragen derselben ist eindeutig geschlechtlich codiert, aber gleichzeitig rein kulturabhängig. Niemand käme auf die Idee, dieses Verhalten aus der weiblichen (oder in Schottland: männlichen) Biologie abzuleiten. Und falls doch, würde ich demjenigen empfehlen, mal die Biobücher beiseite zu legen und sich mit seriöser Kultur- und Sozialwissenschaft (also nicht Gender Studies) zu beschäftigen. 🙂

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      • @Denton: Mir bereitet bei der ganzen Sache folgendes Kopfzerbrechen: Wenn man untersucht welche Erwartungen an Menschen herangetragen werden, kann man das auf Basis verschiedener Kriterien tun. Z.b. wie sind die Erwartungen in Abhängigkeit der Körpergröße, Haarfarbe, Geschlecht, Qualität der Zähne, Muttersprache, höchste abgeschlossene Bildungsstufe usw.
        Eine Untersuchung der Erwartungen an Menschen auf Basis eines dieser Kriterien kann nicht unabhängig von diesem Kriterium sein. Das wäre so wie wenn du sagst „Es ist sinnvoll die Hautfarbe und die Erwartungen an Menschen aufgrund der Hautfarbe zu trennen. Deshalb nenne ich das eine die „biologische Hautfarbe“, das andere die „soziale Hautfarbe“.“

        Wenn du dich für die Frage interessierst, warum hauptsächlich Frauen Röcke tragen (in Schottland Männer), dann ist diese Frage nicht unabhängig vom Geschlecht. In dem Moment wo in der Frage das Wort „Frauen“ bzw. „Männer“ vorkommt, gibt es einen Bezug zum biologischen Geschlecht.
        Es ist ja gerade der Irrglaube des vulgären Genderfeminismus zu glauben, die Geschlechterrolle wäre unabhängig vom Geschlecht und könne nach belieben aufgebrochen/dekonstruiert/verändert werden.

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      • Das Beispiel mit den Röcken sollte eigentlich klar machen, was damit gemeint ist: Das Tragen derselben ist eindeutig geschlechtlich codiert, aber gleichzeitig rein kulturabhängig. Niemand käme auf die Idee, dieses Verhalten aus der weiblichen (oder in Schottland: männlichen) Biologie abzuleiten.

        Ich wäre vorsichtig mit absoluten Aussagen á la „Das Tragen von Röcken ist *rein* kulturabhängig“. Es gibt zumindest Hinweise darauf, dass bestimmte Farben einen universellen Einfluss auf die menschliche Wahrnehmung z.B. in Bezug auf Attraktivität haben (https://www.researchgate.net/publication/266682508_Red_Is_Romantic_but_Only_for_Feminine_Females_Sexual_Dimorphism_Moderates_Red_Effect_on_Sexual_Attraction).

        Der wichtige Punkt ist aber: Es geht nicht um ein bestimmtes Kleidungsstück, sondern darum, dass Kleidung insgesamt schon seit sehr langer Zeit geschlechtergetrennt war und immer noch ist. Dass sich hier Trends abgebildet haben und mal für Männer solche und für Frauen jene Kleidungsstücke en vogue waren, kann völlig unabhängig vom Drift hin zur Geschlechterdifferenzierung betrachtet werden.

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      • @ pingpong

        Der Begriff „soziales Geschlecht“ gefällt mir auch nicht. Am Besten wäre es wohl, den englischen Begriff „Gender“ zu übernehmen, wenn man nicht „Geschlechterrolle“ sagen will.
        Natürlich gibt es einen Bezug zum biologischen Geschlecht, nur nicht im Sinne einer Ableitbarkeit des Genders aus dem Geschlecht. Es kann eben mehr als zwei Gender geben, und der konkrete Inhalt ist wandelbar. Und selbstverständlich können Geschlechterrollen aufgebrochen werden. Davon zu unterscheiden ist dann nochmal das geschlechtsspezifische Verhalten, was auch oder zum größten Teil eine biologische Basis hat.

        @ Doktorant

        Ja, Geschlechterrollen sind wie die Mode: Ans biologische Geschlecht gebunden und gleichzeitig wandelbar.

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      • „Geschlechterrollen sind wie die Mode: Ans biologische Geschlecht gebunden und gleichzeitig wandelbar“

        „Wandelbar“ klingt immer so nach „kann alles vollkommen anders sein“.
        Ich würde sagen, dass gewisse Grundprinzipien aus der Biologie stammen, diese Prinzipien aber verschieden umgesetzt werden können und insofern die Rollen verschieden ausgestaltet werden können

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      • @Denton: Ja, mit dem Begriff „Gender“ wäre wohl die Verwechslungsgefahr geringer als mit dem Begriff „soziales Geschlecht“. Dann müsste der Begriff allerdings auch mit entsprechendem Inhalt gefüllt werden, es reicht ja nicht wenn ich etwas nur anders nenne. Hier wäre der Genderfeminismus und die Gender“forschung“ in der Bringschuld, und bis jetzt versagen sie da.
        Es wird definiert: Gender ist das eine und biologisches Geschlecht das andere und diese beiden haben nichts miteinander zu tun. Das ist insofern absurd weil es offensichtlich in dieser Pauschalität nicht stimmt, und weil die Genderforscher selbst ihre eigene Definition Lügen strafen, indem ihre Forschung und Ergebnisse nämlich gerade nicht unabhängig vom Geschlecht sind. Da geht es doch ständig um „Männer“ und „Frauen“ – wo ist da die postulierte Unabhängigkeit zwischen „Gender“ und „biologisches Geschlecht“? Der Vorwurf, der vulgäre Genderfeminismus wäre selbst zu einem erheblichen Teil sexistisch (!) kommt nicht von ungefähr.

        Natürlich gibt es einen Bezug zum biologischen Geschlecht, nur nicht im Sinne einer Ableitbarkeit des Genders aus dem Geschlecht.

        Hier bin ich ganz deiner Meinung. Das Problem besteht darin, dass die ursprüngliche Aussage „Es ist schon sinnvoll, soziales und biologisches Geschlecht zu trennen.“ sehr stark suggeriert, es gäbe diesen Bezug zwischen Gender und biologischem Geschlecht nicht. Was getrennt ist, hat keine Berührungspunkte.
        Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Verfeinerung von Kategorien. Es gibt Auswirkungen von Geschlecht auf den Menschen. Diese Auswirkungen können biologischer/physischer Natur sein (Männer sind i.A. stärker und größer als Frauen), oder auch sozialer/gesellschaftlicher Natur (Frauen sind i.A. mehr an Menschen interessiert, Männer i.A. mehr an Dingen. Es ist sinnvoll, die Gesamtmenge an Auswirkungen aufzuteilen (d.h. Unterkategorien zu schaffen) in „biologische Auswirkungen“ und „soziale Auswirkungen“, welche in ihrer jeweiligen Wissenschaft (Biologie bzw. Sozialwissenschaften) untersucht werden. Von mir aus kann man die sozialen Auswirkungen auch gerne Gender nennen oder welchen Begriff man auch immer haben möchte. Wichtig ist, es handelt sich um Unterkategorien von „Auswirkungen von Geschlecht“, und es ist klar dass eine Unterkategorie nicht unabhängig von der gemeinsamen Oberkategorie sein kann. Genau das wird jedoch vom vulgären Genderfeminismus postuliert bzw. als Dogma vorausgesetzt, womit eine Art ex falso quodlibet Fehlschluss begangen wird. Man sieht das an den „Ergebnissen“ der Genderforschung, welche tatsächlich beliebig unsinnig sind…

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  3. Es fehlt in der Tat eine Erklärung für den möglichen evolutionären Sinn von mehr als Zweigeschlechtigkeit.
    Dawkins sagt irgendwo, dass Darwin der bisher einzige ist, der erklären konnte, warum es Menschen gibt.

    Wie erklären sich eigentlich Gender-Theoretiker die existenz von Menschen?

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    • „Wie erklären sich eigentlich Gender-Theoretiker die existenz von Menschen?“

      Die Frage stellt sich diesen Personen vermutlich gar nicht, weil es sich nicht mit sozialwissenschaftlichen Theorien erklären lässt. Hier sollte man sich seiner eigentlichen Aufgabe als Schnittstelle zwischen Natur- und Geisteswissenschaften endlich mal bewusst werden und auch entsprechende Überlegungen/Forschungen anstellen.

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    • „Wie erklären sich eigentlich Gender-Theoretiker die existenz von Menschen?“
      Sex/Geschlecht ist eine menschliche Konstruktion die auf (aus Gendersicht) falschen Annahmen beruht. Deshalb kann man das neu konstruieren. Mensch/Tiere/Pflanzen sind ebenfalls menschliche Konstruktionen. Wenn Genderisten glauben zu einer Spezies die biologisch mehr wie 2 Geschlechter hat, zu gehören, dann muss man evtl. auch über die Konstruktion Mensch nachdenken. Denn wenn die Genderisten recht haben gehören sie evtl. biologisch zu den Schleimpilzen, die haben 13 Geschlechter. Was hilft gegen Schleimpilzbefall?

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  4. Alles hängt ja von der Frage ab, wie man Geschlecht definiert. Macht man es nach Aussehen und Verhalten, was die Genderstudies eher anpeilen, dann kann man in der Tat beliebige Zwischenformen bilden.

    Macht man es nach biologischer Funktion und größeren bzw kleineren Keimzellen, dann gibt es zwei Geschlechter.

    Da redet man teilweise aneinander vorbei.

    Interessant finde ich auch die Kostenrechnungen: Bei eingeschlechtlicher Fortpflanzung gibt jedes Lebewesen hundert Prozent seiner Gene weiter. Bei zweigeschlechtlicher erst einmal nur 50%

    Ein drittes Geschlecht im biologischen Sinne würde die Kosten nur erhöhen, man würde nur 1/3 der Gene weitergeben ohne das die Vorteile des Genpools groß erweitert werden
    Ich hatte dazu auch mal was:
    https://allesevolution.wordpress.com/2015/04/06/warum-es-in-biologischer-hinsicht-nur-zwei-geschlechter-gibt/

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    • „Alles hängt ja von der Frage ab, wie man Geschlecht definiert.“

      Und das ist ja meiner Meinung nach genau das Problem. Eine Definition kann bzw. sollte nicht willkürlich erfolgen. Wir haben das Wissen über Gene/Transkriptionsfaktoren, einen entscheidenden Einfluss für die Geschlechtsdetermination haben. Es gibt in dem Fall auch nur zwei Zustände: Entweder SRY ist da und funktioniert, oder nicht. Es kann auch nicht sein, dass das SRY nur zur Hälfte funktioniert. Es existieren also keine Anlagen für ein „drittes Geschlecht“. Natürlich kann man Mischformen bzw. Zwischenformen beschreiben, aber die Definition als „Geschlecht“ ist fehlerhaft und irreführend, da es sich nicht um einen vergleichbaren Zustand handelt. Das soll auch keine moralische/ethische Wertung sein, sondern ergibt sich ausschließlich aus der biologischen/genetischen Realität.

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